Unser Posaunenchor wurde 100 Jahre alt und wir gratulieren herzlich und laut zu diesem besonderen Fest. Wenigstens drei Generationen Wallernhäuser hat der Posaunenchor zu Kirchen-
und Dorffesten begleitet, Ständchen geblasen, das neue Jahr begrüßt, am Ehrenmal gespielt, Ostern am Kreuz und zu Weihnachten, Gottesdiensten eine besondere Klangfarbe verliehen und Verstorbenen
Ehre erwiesen. Mit den Bürgerhauskonzerten einen tollen neuen Akzent gesetzt.
Im Posaunenchor mitzuspielen wurde in manchen Familien vererbt. Mitglied im Posaunenchor zu sein gehörte im Dorf zum guten Ton. Im Laufe der Jahre kamen immer wieder Leute dazu, andere haben aus
verschiedenen Gründen leider auch wieder aufgehört. Posaunenchöre sind immer ein generationsübergreifendes Projekt. Mit unserem Fest wollen wir danke sagen und uns erinnern. Danke für
Verlässlichkeit und gute Laune, für den Schwung in neuer Musik und vertrauten Chorälen. Dank und wertschätzende Erinnerung für die Generationen von Bläsern, Bläserfamilien
und ihren Dirigenten wie Richard Lenz.
Danke den aktiven Musikerinnen und Musikern und ihrem Dirigenten Holger Schneider, der unter größten gesundheitlichen Mühen möglich macht, was irgend möglich ist und seiner Tochter Radka Maria, die genauso denkt.
Artikel des Kreis-Anzeigers vom 08.10.2025
Wallernhausen (red). Was für ein Klang in der kleinen Dorfkirche von Wallernhausen: Kraftvoll, festlich und voller Freude eröffneten 30 Blechbläser und -bläserinnen unter der Leitung der erst 23 Jahre alten Radka Maria Schneider den Gottesdienst zum 100-jährigen Bestehen des Posaunenchors Wallernhausen.
»So müsste eine gute Predigt sein, dass die Luft vibriert und die Fußspitzen im Takt mitwippen«, sagte denn auch Dekanin Birgit Hamrich. Sie hielt die Predigt in diesem Festgottesdienst. Zuvor hatte Ortspfarrerin Beate Henke Musiker und Gottesdienstbesucher begrüßt und an die Gründung des Posaunenchors im Advent 1924 erinnert. Die ersten Instrumente wurden im Februar des folgenden Jahres geliefert - finanziert zum Teil über Anteilsscheine. Bereits im März 1925 spielte der junge Posaunenchor den ersten Choral.
Zu dieser Zeit war Deutschland »ein Land voller Unsicherheit. Die Spuren des Ersten Weltkriegs waren noch sichtbar und in den Seelen spürbar«, sagte die Dekanin in ihrer Predigt. Die Menschen suchten nach Orientierung und in Wallernhausen habe eine Handvoll Männer »das Lob Gottes hör- und spürbar gemacht«. Damit hätten sie den Grundstein für eine Bewegung gelegt, die noch heute eine große Schar junger und alter Menschen vereint.
Rückblick auf Gründungszeit
Hamrich zitierte Martin Luther: Theologie und Musik seien wie Schwestern, sie heilten Seelen und trieben den Teufel aus. Musik sei nicht nur der schöne Rahmen für die Verkündigung, betonte sie, »sie ist Verkündigung«.
Birgit Hamrich sprach auch die Erschöpfung an, die viele angesichts der großen Veränderungen in der Kirche empfinden. Kritischen Fragen, ob Engagement überhaupt noch Sinn habe, ob es sich »lohnt«, hielt sie entgegen: »Jetzt erst recht.« Musik leiste einen wichtigen Beitrag, sie mache die Welt heller, gebe Mut, spende Hoffnung und schlage Brücken.
Die Brüder Herbert und Dieter Koch, seit 62 und 59 Jahren Bläser im Posaunenchor Wallernhausen, blickten zurück auf die Gründungszeit - und vermittelten mit ihrer emotionalen Ansprache eine Ahnung davon, wie groß so ein kleiner Chor in einem so kleinen Dorf im Leben einzelner Menschen wirken kann.
Zwölf junge Männer aus Wallernhausen gründeten am 30. November 1924 im Pfarrhaus mit Pfarrer Strack den Posaunenchor. Bereits im Dezember sammelten sie 468 Mark für Instrumente, teils über Anteilsscheine zu fünf und zehn Mark. Im März 1925 waren endlich alle Instrumente da. »Damit kam Musik ins Dorf«, sagte Herbert Koch. Der Chorleiter, der in Ober-Mockstadt lebte, erhielt ein Fahrrad als Geschenk. Die 100 Mark dafür zahlte man in drei Raten. »Ich frage mich«, sagte Koch, »wie der Dirigent vorher nach Wallernhausen kam. Es gibt keine Aufzeichnungen.«
Die Auflagen waren streng. Der Posaunenchor musste evangelisch geprägt sein, die Mitglieder ein »christlich geprägtes Leben« führen. Tanzmusik war verboten. Als 1933 die Nationalsozialisten den Chor in eine SA-Kapelle umwandeln wollten, widersetzten sich die Musiker einstimmig. »Heute«, sagte Herbert Koch, »fühlen wir uns denen verpflichtet, die diesen Chor aufgebaut haben.«
Anerkennung für Radka Schneider
»Eine Bewegung gegen die Eintönigkeit« nannte Karlheinz Bernhardt den Posaunenchor. »Erst viele Stimmen ergeben einen Klang.« Zum Festgottesdienst kamen besonders viele Stimmen zusammen, weil Bläserinnen und Bläser aus dem Dekanat und darüber hinaus den Wallernhausener Chor unterstützten. Holger Schneider, seit 30 Jahren Dirigent des Jubiläumschors, fehlt schon eine Weile wegen einer schweren Erkrankung. Seine Tochter Radka Maria hat übernommen und führte das Ensemble souverän durch Choräle und moderne Stücke. Dafür erhielt sie viel Anerkennung.
Der Gottesdienst endete mit Michael Jacksons »Heal the World«, einem Appell, die Welt zu heilen und zu einem besseren Ort zu machen. Es sei eine stille Hoffnung, dass dieses Posaunen-Projekt eine Fortsetzung findet, sagte Pfarrerin Beate Henke. Die Kollekte des Gottesdienstes solle dazu beitragen.
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